Graben oder nicht graben?
Kompromiss bei der Bodenpflege

Glücklicherweise geht es bei Beantwortung der Frage, zu graben oder nicht zu graben, nicht um Sein oder Nicht-Sein, wenngleich es bei den Auseinandersetzungen darüber mitunter so scheint, als ob genau das der Fall wäre. Wie oft im Garten empfiehlt es sich, kompromissbereit zu sein.
Es gibt Böden, die ohne alljährliches, grobscholliges Graben vor dem Winter hoffnungslos verdichten, weil sie von Natur aus schwer und nass sind. Keine Möhre, kein Rettich, keine Schwarzwurzel würde ohne tiefe Lockerung dort zufriedenstellend wachsen, andere Gemüsearten ebenfalls nicht. Es gibt ferner Böden mit tief wurzelnden Dauerunkräutern, die auszulesen sind. Es gibt rohe oder halbreife Böden die Menge, die eben noch nicht bis 30 cm tief so humusreich sind, dass auf tiefe Lockerung verzichtet werden kann. Solche Böden profitieren von gründlicher Lockerung durch tiefes Graben, außerdem vom positiven Einfluss, den Frost ausübt. Weil das Wasser im Boden während des Winters gefriert, bei Temperaturen über Null taut, wieder gefriert, sobald es abermals kälter wird, dergestalt häufig mehrfach, entsteht so genannte Frostgare. Gefriert Wasser, dehnt es sich aus und sprengt die Erdteilchen auseinander, so dass sie mehr oder wenig krümelig, auf jedenfall lockerer als zuvor zerfallen. Frostgare ist zwar nicht so stabil und dauerhaft wie Humusgare, dennoch ein wichtiger

Beitrag zu einem guten, gesunden Boden.
Häufig wird gegen das Graben argumentiert mit dem Hinweis, beim Graben würden die tätigen, lebendigen Bodenschichten gewissermaßen begraben und toter Boden käme nach oben. Dazu folgendes: Bodenbakterien leben nachweislich bis in 24 cm Tiefe. Die Blattlänge eines normalen Spatens beträgt 30 cm. Weil der Spaten beim Graben leicht schräg in die Erde geführt wird, ergibt sich daraus eine Bearbeitungstiefe von 20- 25 cm. Intensiv gepflegte Böden, wie sie in Gärten die Regel sein sollten, weisen eine tätige Krume von 30 cm auf. Bei normal tiefem Graben wird also nichts untergebuttert oder gar beerdigt. Man vermeide jedoch unbedingt, zu nassen Boden zu graben, sondern warte ab, bis er nach Niederschlägen etwas abtrocknete oder wenn er oberflächlich leicht gefroren ist.
Selbstverständlich muss außer dem Graben noch einiges mehr passieren, vorweg Humuszufuhr. Gehäckselte Gartenabfälle können gleich mit eingearbeitet werden oder nach dem Graben auf der Fläche verteilt. Ähnliches gilt für Kompost und Mist.Gekalkt wird nach dem Ergebnis einer eigenen Messung oder dem Resultat einer Bodenuntersuchung. Nach gleichzeitigem Ausbringen von kohlensaurem Kalk und Mist entstehen übrigens keine Stickstoffverluste, im Gegensatz zur Kombination Mist und Branntkalk.

I. Jaehner

 

 

Quelle: EISENBAHN-LANDWIRT, Dezember 2006 (Heft 12)



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